Peter Michel by Friedrich Huch
Autor:Friedrich Huch [Huch, Friedrich]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Der Morgen
veröffentlicht: 1983-12-31T23:00:00+00:00
8. Kapitel
Peters Reise verzögerte sich bis zum Sommer. Er schrieb dem Kantor, er gedächte in den Osterferien ihn und seine verehrte Familie zu besuchen, und der Kantor schrieb in liebenswürdigster Weise zurück, er habe geglaubt, Peter sei schon lange tot, da er nie etwas von sich habe hören lassen, und er und seine Frau würden sich eine Freude daraus machen, ihm ihre Gastfreundschaft anzubieten â allerdings nicht für Ostern, da seien sie alle nicht daheim, aber für die groÃen Ferien, wo er bei ihnen wohnen könne, so lange er wolle. Die Pensionäre wären alsdann fort â »ja ja, Herr Peter â ich darf Sie doch noch so nennen? â, in Ihrem alten Bette haben, seit Sie fort sind, manche Pensionäre geschlafen!« â und somit sei das Zimmer dann unbewohnt und stehe für ihn bereit, und dann hätten sie wieder, wie in alter Zeit, ihre beiden Kinder, Peter und Liesel.
So erfuhr er, daà Liesel unverheiratet war und noch bei ihren Eltern wohnte.
Frau Ottilie riet ihm, die Sache nicht so lange aufzuschieben, sondern sich einfach ein paar Tage Urlaub geben zu lassen und hinzureisen. Aber das wollte er auf keinen Fall. Der tiefe und ihm selbst unbewuÃte Grund seines Aufschubes war, daà seit jenem Abend, wo er sich mit Frau Ottilie ausgesprochen hatte, die Gestalt der Liesel ihm wieder in den Hintergrund getreten war. Von dem Augenblick an, wo Frau Ottilie durch ihn erfahren hatte, daà er sie liebte, war es, als sei ein Bann von ihm genommen; seine dunkle Unruhe war gewichen, sein Verhältnis zu ihr ein ruhiges geklärtes, fast heiteres geworden, und ein melancholisch-stilles, wunschloses Glück füllte seine Seele. Er wurde jetzt öfters in das Haus des Rektors geladen und sonnte sich an Frau Ottilies heiterer Nähe. Er wuÃte, wie auch er ihr liebgeworden war und daà sie ihn ungern entbehrte. So fühlte er denn dunkel voraus, jene Reise werde ihn aus seinem Frieden reiÃen und alles das, was langsam in ihm zur Ruhe ging, von neuem wecken. Doch sprach er hierüber mit ihr nicht. Und je näher der Zeitpunkt seiner Reise rückte, um so mehr hing er an der Gegenwart, fürchtete er die Zukunft, um so mehr fühlte er, wie die Ferne an ihm sog, wie die verblaÃte Vergangenheit nicht tot war, sondern lebendig und mit erneuter Kraft vor seine Seele trat.
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